Treffen 2023
Unsere Treffen
Unser Treffen in Wernigerode
30.-31. August 2023
von Oberst a.D. Eckard Wiegand
Nachdem beim 2022-er Treffen mit Trier der Westen durch unser Jahrestreffen "beehrt" wurde, fiel in diesem Jahr die Wahl mit Wernigerode auf die Region Harz ins raue Mittelgebirge, wo sich Führungsdienstler mit ihrem Drang zu den Höhen ("Wer auf den Höhen sitzt, beherrscht die Täler" - HDv 100/100 "TF"-) naturgemäß heimisch fühlen.
Wernigerode hat zwar keine Tradition als (Luftwaffen-) Standort, aber diesbezügliche Näherungen finden sich doch bei der Nennung von Goslar, Osterode, Stöberhai, Brocken ... durchaus.
Das alte regionale Handwerks- und Handelszentrum, erstmals urkundlich 1121 erwähnt und verkehrsgünstig im Kreuzungspunkt mehrerer Verkehrswege am Nordostrand des unwegsamen Harz gelegen, hat in seiner Geschichte mehrfach unter militärischen Handlungen gelitten. So wurde die Stadt 1525 im Bauernkrieg und später im 30-jährigen Krieg geplündert und zerstört. Im Zweiten Weltkrieg war Wernigerode einerseits Lazarettstadt mit einer großen Bettenzahl (ca. 1.500), andererseits mit den Rautal-Werken (modernste Leichtmetallgießerei) und den zu Junkers/Dessau gehörenden Werning-Werken (Teilefertigung des Strahltriebwerks Jumo 004) Zulieferstadt für die Kriegsrüstung. Daher wurde Wernigerode u.a. während der „Big Week“ Ziel von B-17-Bombern der USAAF am 22. Februar 1944. Bei dem Luftangriff mit 19 Maschinen kamen über 250 Menschen zu Tode und viele Gebäude der Stadt wurden zerstört. Schließlich wurden ab Anfang April 1945 Wernigerode und der Brocken (am 19.04.) vorübergehend "US-Garnison", der Brocken gar über vier Jahrzehnte dauerhaft von "Freunden" besetzt.
Wenngleich ursprünglich das geschichtlich bedeutsame Weltkulturerbe Quedlinburg als möglicher Tagungsort mit im Rennen war, fiel letztlich die Entscheidung zugunsten Wernigerodes: Hier bot das Harzer Kultur- und Kongresshotel (HKK) die seltene Chance eines Veranstaltungsortes, der neben den Tagungsräumlichkeiten zugleich alle Teilnehmer unseres Treffens im gleichen Hause auch bewirten und beherbergen konnte. Und die von hier aus verkehrsmäßig günstige Erreichbarkeit des Brocken mit der berühmten Harzer Schmalspurbahn war sicher auch ein Kriterium für diese Wahl.
Mittwoch, 30. August 2023
Erster Programmpunkt "Eintreffen bis 11:45 Uhr": Der "Meldekopf", in gewohnt professioneller Weise durch die Damen Sorge-Ploeger und Webels eingerichtet und betrieben, ist die Anlaufstelle für die meist bereits am Vortag angereisten Teilnehmer des diesjährigen Treffens Wie immer großes "Hallo", Händeschütteln und Umarmungen. Hier und beim anschließenden Mittagsimbiss in Grüppchen beieinander stehend oder sitzend, wurden Neuigkeiten ausgetauscht, alte Geschichten aus gemeinsamer Zeit in Erinnerung gerufen.
Gegen 12:30 Uhr konnte unser Sprecher, GenLt a.D. Ploeger bei seiner Begrüßung "Vollzähligkeit" feststellen und mit Freude 79 Teilnehmer begrüßen. Lediglich zwei angemeldete Personen waren krankheitsbedingt kurzfristig ausgefallen. Ein besonderes Willkommen galt einem der ältesten und zugleich erstmaligen Teilnehmer, Oberstlt a.D. Kaupmannsennecke ("Col Sixteen") sowie einem „Jungpensionär“, Oberst a.D. Reidlingshöfer mit Ehefrau. Die folgende Einweisung in das Programm und die administrativen Hinweise endeten dann, wen wundert`s, im militärischen Wetterforecast zum Brocken: "visibility 3-5, wind 5-6, possible showers, temperature 10° or less ..." mit der conclusion und commander`s decision, dass morgiges Fakultativprogramm stattfindet.
Nach der Mittagspause trennten sich die Wege der Damen und Herren - vorübergehend.
Das Informationsprogramm der Herren sollte mit ausgewählten Vorträgen überwiegend unter den Aspekten der "Zeitenwende" seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine stehen, aber auch aktuelles Ausbildungs- und Übungsgeschehen der Luftwaffe beleuchten.
Am Anfang jedoch stand, wie bei jedem Treffen, unser aller Anliegen, das Gedenken unserer seit dem letzten Treffen in Trier verstorbenen Kameraden. Unser Sprecher erinnerte dabei mit 22-fachem namentlichen Aufruf an sie! Schweigen! Stille Erinnerung, auch Wehmut an vergangene gemeinsame Zeiten!
Bedenkt man, dass hier nur die uns bekannt gewordenen und auf unserer Gedenkseite veröffentlichen Kameraden einen Teil unserer Verstorbenen darstellen, so wird man sehr nachdenklich darüber, wie sich die Reihen in den Jahrgängen lichten.
Erster Vortrag durch Oberstleutnant a.D. Bernd Kreienbaum
"Umbruch von Aufklärung und Elektronischem Kampf zu 'Electro-magnetic Spectrum Operations' - Erkenntnisse und Schlussfolgerungen aus dem Krieg in der Ukraine"
Bereits zu unserer aktiven Dienstzeit waren das Wissen über die Möglichkeiten und Verfahren von Elektronischer Aufklärung wie auch vom Elektronischem Kampf für den "gemeinen" Luftwaffenoffizier oft ein Buch mit sieben Siegeln. Dies hatte eine ganze Reihe von Gründen, z.B. wegen der hohen Geheimhaltung, der Abschottung dieses "elitären" sehr überschaubaren kleinen Dienstteilbereichs mit seinen zumindest im Elektronischen Kampf marginalen Möglichkeiten, die umständlichen Kommunikationsverbindungen untereinander usw. Von daher und natürlich durch den inzwischen großen zeitlichen Abstand zur aktiven Dienstzeit wie auch des immensen Fortschritts bei Technik, Verfahren, Möglichkeiten (und meistens unbekannten Abkürzungen), kann dieser Vortrag nur unvollständig skizziert werden.
War dieser Bereich der (Luft-)Kriegsführung "im Äther" schon immer von einer besonderen Dynamik gekennzeichnet, so kann man seit dem Krieg in der Ukraine eine eruptive Entwicklung, eine Revolution der Kampf-/Kriegsführung feststellen. In rasantem Tempo wird immer klarer: Nur wer das elektromagnetische Spektrum beherrscht, beherrscht das Gefechtsfeld.
Vorher Unmögliches bei Beschaffung und Bereitstellung von Ressourcen, weil oft nicht denkbar, überwiegend finanziell nicht leistbar, wird nun realisierbar, muss sogar unter Zeitdruck angegangen werden. Die "Zeitenwende" "nur" politisch oder unter dem Aspekt des 100-Mrd-€-Sondervermögens zu verstehen, würde die Realitäten, die der aktuelle Krieg hervorbringt, ignorieren.
So wurden von Kamerad Kreienbaum, der noch beruflich im IABG-Büro Brüssel tätig ist, in seinem sehr fachkundigen und anspruchsvollen Vortrag Definitionen, Doktrinen, allgemeine Überlegungen sowie die konzeptionellen Grundlagen zu dem veränderten Bedingungen der "Electro-magnetic Spectrum Operations" vorgetragen. Unvermeidbar standen den Zuhörern eine Fülle bislang unbekannter Fachbegriffe vor Auge und Ohr. Wer hat schon vorher etwas über "Joint EMS (Electro-magnetic Spectrum) Superiority", "Future Elelectro-magnetic Dominance System" (welches ohne KI nicht machbar ist), "Electro-magnetic Spectrum Operations - EMSO", "LuWeS - Luftgestützte Wirkung im Elektro-magnetischen Spektrum " - (endlich was in Deutsch und mit bekannten Firmen wie Airbus, Hensoldt, ABM, MBDA usw. ... hinterlegt) - gehört?
Zum Vortrag gehörten auch die relevanten aktuellen Erkenntnisse und Erfahrungen vom Kriegsschauplatz, wobei besonders Bedeutung, Wirkung und Möglichkeiten des Einsatzes von Drohnen unterschiedlichster Art herausgestellt wurden. Zur Verdeutlichung: Alleine die UKR verliert pro Monat rund 10.000 Drohnen (... und wie viele hat die Bundeswehr in Bestand und Planung, vielleicht sogar, igitt-igitt, bewaffnete??)!
Die konkrete Bedeutung der Begriffe "Zeitenwende" und "Sondervermögen" findet sich in Überlegungen, Planungen und auch greifbaren Beschaffungen wieder, in denen meist auch Führungsdienstler zu Hause sind: Stand-off Jammer (A 400 M ?), Escort Jammer (EF), Luftgestützte/ Bodengestützte Täuschkörper (beim TMLD Mitte der 70-er wurden wir gedanklich darauf vorbereitet, wegen der FLOT-/grenznahen Dislozierung in Nebenaufgabe als "Abschussorganisation für bodengestützte Flugkörper gegen feindlicher Radare" eingesetzt zu werden!). Drohnensysteme für verschiedene Aufgaben gewinnen rasant an Bedeutung (... von 100 % Flugstunden der Israelischen Luftwaffe sind 75 % unbemannte - ohne Kleindrohnen!). Auch passive, flächendeckende Radarsysteme stehen im Fokus. Fragen und Diskussion schließen diesen Vortrag ab.
Zweiter Vortrag durch Oberst i.G. Jan Becker (RefLtr 1 ll b KdoLw)
Zeitenwende und Sondervermögen Bundeswehr - Was folgt daraus für die Ausrüstungsplanung der Luftwaffe?
Im seinem Vortrag beleuchtet O i.G. Becker die Rahmenbedingungen für die Planungen der Lw, geht auf einzelne Rüstungsprojekte ein und erläutert verschiedene Aspekte zur Weiterentwicklung der Lw einschließlich der Dimension Luftraum. Die Vorstellung der aktuellen Führungsgliederung und der Luftwaffe insgesamt mit einigen Zahlen ist unerlässlich. Das KdoLw, als einzige dem BMVg nachgeordnete Höhere Kommandobehörde (Gatow/Wahn), wird vom InspL geführt, was spontan Ähnlichkeiten zum "alten bekannten" FüL vermuten lässt. Betrachtet man seine Gliederung etwas näher, stellt man schnell erhebliche Unterschiede zum uns noch Bekannten fest. Das Kommando gliedert sich in vier (Planungs-)Abteilungen mit nachgeordneten Unterabteilungen und Referaten: Die Abt 1 (der O i.G. Becker angehört) deckt den Bereich Weiterentwicklung Lw ab, Abt 2 steht für alle Belange des Einsatzes, Abt 3 befasst sich mit den Feldern Personal/Organisation/Ausbildung und Abt 4 ist für das Unterstützungswesen zuständig. Hinzu kommen administrative Stabselemente.
Die nachgeordneten Stäbe,Verbände und Dienststellen sind in drei Säulen aufgestellt: Luftwaffentruppenkommando (u.a. FlgVbde ...), Weltraumkommando Bundeswehr und Zentrum Luftoperationen (u.a. Flugführungsdienst ...).
In griffigen Zahlen ausgedrückt dienen in der Lw etwa 28.000 Soldaten; für ca. 400 Lfz werden 14 Flugplätze betrieben und insgesamt ist die Lw an 65 Standorten präsent.
Die Lw unterliegt naturgemäß beim internationalen Krisenmanagement des Bündnisses, im Rahmen von Flankensicherung der Nato-Grenzen und Vorneverteidigung, aber auch wie in jüngerer Vergangenheit bei Evakuierungsoperationen erfolgt, als "first responder" besonderen Grundsätzen. Die Vorgaben des Madrider Nato Gipfels von Juni 2022 schaffen neue Rahmenbedingungen und es gilt Einsatzverfahren zu verändern. So ist notwendig, aus den Friedensstandorten heraus nach einem vierstufigen System von Bereitschaftsgraden (z.B. "Notice To Effect 1" = 0-10 Tage) für den erteilten Auftrag wirksam zu sein. Die vom Bundeskanzler verkündete Zeitenwende bringt ebenso operationelle Veränderungen mit sich, wie auch das damit verbundene 100-Mrd-Sondervermögen bei allen sich damit ergebenden Chancen hinsichtlich Einsatzbereitschaft, Modernisierungen und Beschaffungen große Herausforderungen nicht nur wegen der Eilbedürftigkeit darstellen.
Beleuchtet man das vermeintlich immense Sondervermögen genauer, stellt sich heraus, dass davon nur noch etwa 41 Mrd "netto" verbleiben und das bei einem geschätzten Bedarf von 160 Mrd €.
Für die Lw sind durch das Sondervermögen bereits die Beschaffungsentscheidungen für F 35 und CH 47 sowie ARROW 3 und Passive Radarsysteme getroffen worden. Der Kauf weiterer Waffensysteme, wie IRIS T, ist in Sicht, die Aufstockung der Vorräte bei Munition, Raketen und Ersatzteilen für alle vorhandenen Waffensysteme werden konkret. Mit den herkömmlichen, umständlichen und zeitaufwendigen Regeln und Verfahren ist alles das aber nicht zu schaffen: Eine "Task Force Beschaffungswesen" soll neue Beschaffungsverfahren entwickeln und erproben.
Euphorie allerdings verbietet sich, bedenkt man, dass im Jahr 2025 absehbar alleine die Betriebskosten den regulären Anteil des Haushalts verbrauchen werden ... Und über allem steht immer die große Sorge der Stellenbesetzung, des Personalmangels, der Nachwuchsgewinnung!
Dritter Vortrag durch Oberstleutnant i.G. Kai Mirow (Abt 2 ll b KdoLw)
"Aktuelle Einsätze und Übungen der Luftwaffe"
Mit Oberstlt i.G. Mirow aus der Einsatzabteilung des KdoLw trug ein "Radarführer" und u.a. ehemaliger Chef der Einsatzkompanie des DCRC vor. Er konnte gleich eingangs die für Einsätze und Übungen nicht unbedeutende Nachricht mitteilen, dass sich das DCRC nach zweieinhalb Jahren der Obsoleszenzbeseitigung wieder "on the air" gemeldet hat. Im Vortrag stellte er mit Zahlen hinterlegt zunächst einige Einsätze der Lw vor. So erfuhr man, dass von den 779 insgesamt aus dem Sudan ausgeflogenen Personen 230 mit Lfz der Lw evakuiert wurden. Humanitäre Hilfe, hauptsächlich durch Hilfsgüter-Transporte, wurde im Frühjahr 2023 beim Türkei-Erdbeben geleistet und Slowenien im August bei der Flutkatastrophe unterstützt. Dass seit 2020 ein Dutzend Angehörige des DCRC mit einem Radar RAT 31 DLM im Irak eingesetzt wurden, erfuhr man ebenso wie auch über die Lw-Beteiligung an MINUSMA in der Sahelzone. Den meisten unbekannt war, dass die Lw mit einem kleinen Kontingent für die UN in Peru tätig ist: FlaRak- und Objektschutzpersonal bildet Andenkrieger für die Verwendung in einer mechanisierten Infanteriekompanie aus!
Auch der Krieg in der Ukraine fordert die Lw auf verschiedene Art: UKR Soldaten werden an PATRIOT und IRIS T ausgebildet, MANTIS-Feuereinheiten sowie LÜR-Radare sind bzw. werden abgegeben, Besatzungen und Luftfahrzeuge werden auf 24/7-Basis für AirEvac-Einsätze vorgehalten. Die "weiche" Nordostflanke des Bündnisses soll u.a. in 2024 durch Teilverlegung des DCRC nach Ämari/Estland verstärkt werden.
Ein weiterer Vortragsteil blickte auf die NATO-Großübung AIR DEFENDER 2023 zurück, die mit etwa 10.000 Übungsteilnehmern und 250 Lfz bei hohem Klarstand und mit über 2000 Sorties aller Einsatzformen erfolgreich - und vor allen Dingen ohne Besondere Vorkommnisse im Luftraum - abgeschlossen werden konnte. Freilich, der Aufwand war enorm: z.B. Verlegung von Lfz aus 42 US-Bundesstaaten nach Europa, Unterbringung und Versorgung, Verlegung des NATO-DARS nach Erndtebrück. Aber das Bündnis hat bewiesen, dass es zur Schwerpunktbildung fähig ist und multinationale Luftoperationen beherrscht. Nicht nur den InspL wird es gefreut haben, dass sich die Unkenrufe aus bestimmten Ecken hinsichtlich unzumutbarer Belastungen im zivilen Luftverkehr oder der Bevölkerung nicht bewahrheitet haben.
Beim Ausblick auf das Übungsjahr 2024 zeichnet sich aufbauend auf die Verlegeübung "Rapid Pacific 2022" eine mglw. erste Weltumrundung der Lw ab: Mit Luftfahrzeugen TOR/EF/A- 400/A-330 MRTT begibt sich der Fliegende Wanderzirkus im Juli und August auf die Strecke DEU-CAN-JAP-HAWAII-AUS-IND-EUR.
Im letzten Teil des Vortrags wurden Überlegungen zu einem abgestuften Bereitschaftssystem (Tier/Stufen) vorgestellt, mit dem die Lw auf neue Bedrohungen angemessen reagieren könnte. Dieses Thema bestimmte dann anschließend die lebhafte Diskussion zu Fragen von Bevorratung und Klarständen, der Abhängigkeit von anderen TSK, organisatorische Verfahren usw. und viele von uns fanden sich an alte Tage erinnert, als es noch einen GDP gab.
Das Damenprogramm
Mit einem einstündigen Rundgang in zwei Gruppen unter der sachkundigen Leitung von Stadtführerinnen wurde zunächst die Altstadt von Wernigerode per Pedes erkundet und über manche Details berichtet.
Der Hauptort mit Stadtkern und Peripherie zählt etwa 28.000 Einwohner, mit angegliederten Verbands-Gemeinden insgesamt 35.000.
Die 900-jährige Altstadt, mit ihrem immerhin schon 800 Jahre alten "Neustadt"-Anteil zeichnet sich durch ihre zum Teil farbenfrohen Fachwerkhäuser aus und bietet mit gut renovierter Bausubstanz einige Sehenswürdigkeiten. So wartet sie u.a. direkt hinter dem Rathaus mit einem "schiefen Haus" aus, dass seinen mit 7 Grad Neigung immerhin doppelt so schief ist, wie der berühmte Turm von Pisa. Diese bauliche Kuriosität wurde früher als Mühle genutzt, vom eigenen Mühlgraben unterspült und so auf die "schiefe Bahn" gebracht. Viele Jahre lang wurde es auch als Sitz der Stadtverwaltung genutzt. Ob es für diese Funktion aufgegeben wurde, weil den Büromenschen dauernd die Vorgänge von den Schreibtischen "unter den Tisch gefallen" sind, konnte nicht ergründet werden. Heute wird es als Museum und Kunstgalerie genutzt.
Wo es ein schiefes Haus gibt, darf ein schmales mit seinen viereinhalb Metern Höhe bei knapp drei Metern Breite nicht fehlen. Das frühere Wohnhaus wird ebenfalls als volkskundliches Museum genutzt.
Das mittelalterliche Rathaus am Markplatz mit seinem beeindruckenden Fachwerk und den verspielten Schiefertürmen ist wohl die am weitesten bekannte Sehenswürdigkeit und hat neben dem industriellen Standort auch sein Tourismuszentrum mit begründet. Zu bekannten Wernigeroder Touristen gehörten u.a. Theodor Fontane und Herman Löns - letzterer prägte den Beinamen "die bunte Stadt am Harz".
Selbstverständlich war nach diesem Sightseeing Regeneration angesagt: Das Louisencafe nahebei, klein aber fein, bot leckeren Kuchen und Kaffee und Erfrischungsgetränke an, von besonders auffallend freundlichen Bedienungen, mit Harzer Gemütlichkeit serviert.
So gestärkt, wurde die vorm Cafe haltende Wernigeröder Schlossbahn geentert. Nach kurzer Fahrt durch die Gassen der historischen Innenstadt ging es bei Nieselregen den Berg hinauf zum Schloss. Vom Schloss selbst war nur eine Seite zu sehen, die leider wegen Bauarbeiten eingerüstet war. Eine Innenbesichtigung mit Museumsbesuch war aus gleichem Grund nicht möglich. Nach Umrundung des Schlosses - der Nieselregen verhinderte den Panoramablick über die Stadt - endete mit der direkten Rückfahrt zum Hotel das interessante, gelungene Damenprogramm.
Dort "join up" mit den Herren - den einen taten die Füße ein bisschen weh und den anderen die Ohren vom Zuhören.
Abendprogramm - Festliches Abendessen mit Damen.
Ab 19:30 Uhr traf man sich wieder zum "gesellschaftlichen Höhepunkt" unserer Veranstaltung - dem gemeinsamen Abendessen. Mit festlich gedeckten einladenden 8-er Tischgruppen und einem großzügig arrangierten Buffet zeigte sich das HKK von seiner besten Seite. Mit Begrüßung und einführenden Worten zur Abendveranstaltung umriss unser Sprecher u.a. das bisherige Programm und gab auch einen kleinen Ausblick - sozusagen als Appetizer der besonderen Art - auf das Fakultativprogramm des folgenden Tages. Die vereinzelt geäußerten Bedenken zu den Wetterunwägbarkeiten des mystischen Brocken - schließlich braucht es, will man auf einem Besen fliegen, zwecks Auftrieb einen ordentlichen Wind auf der Nase - konnten mit dem Hinweis auf immerhin Temperaturen von unter zehn; aber immerhin noch über null Grad und ausnahmsweise moderaten Windgeschwindigkeiten von 2-3 einigermaßen zerstreut werden.
Dass der Brocken auch anders kann, zeigen Windgeschwindigkeiten von 81 m/s (1938 - da lernte auch der dortige Wettergarten das Fliegen) und selbst der "Alte" Goethe, hat seine Launen im Dezember 1777 (damals noch jung) bei seinem Aufstieg von Schierke aus erlebt. Aber, was Goethe in der Weihnachtszeit zu Fuß schaffte, sollten wir im August und per Bahn wohl auch schaffen!
Vor der Freigabe des Buffets wurden durch GenLt a.D. Ploeger Ort und Zeit unseres nächsten Treffens bekannt gegeben: 11./12. September 2024, Schule Informationstechnik der Bundeswehr in Pöcking ("Fernmeldafing") am Starnberger See.
Beim anschließenden reichlichen und sehr schmackhaften kalt-warmen Buffet wurden wir überwiegend mit deftiger Harzer Kost verwöhnt. Harzer Forellenfilets ..., Harzer Kartoffelsuppe, ... Harzer Spießbraten ... und vielen anderen Leckereien. Hasseröder Biere und Weine von Mosel, aus Baden und der Pfalz, von aufmerksamem freundlichem Personal serviert, ließen keinen trocken sitzen. Und wie immer das Schönste und Wichtigste: Die vielen Gespräche, und Erinnerungen an gemeinsam erlebtes Freud und Leid! So ging der schöne und recht lustige Abend viel zu schnell zu Ende.
Dem guten Brauch folgend beendeten die Dankesworte unseres Ehrensprechers, GenMaj a.D. Poschwatta das Programm. Dank an das aufmerksame Personal des Hauses. Ganz großer Dank für die Gesamtorganisation dieses Treffens an die Familien Webels, Marks, Sorge-Ploeger. "... Sie gestalten gute Programme, die gerne angenommen werden, ... die vielen Umarmungen hier, querbeet untereinander, sprechen für eine gute Kameradschaft, ... Fritz, habt Ihr gut gemacht!"
Damit hat er uns allen aus der Seele gesprochen! Später komme ich auf weitere Worte von ihm zurück.
Donnerstag, 31. August 2023 Fakultativprogramm: Mit der Schmalspurbahn zum Brocken
Für Pensionäre früh am Morgen geht es um 08:30 bzw. 09:15 Uhr in zwei Gruppen mit zusammen 46 Teilnehmern vom Wernigeroder Hauptbahnhof (234 m) mit der berühmten Schmalspur-Brockenbahn hinauf zum Brocken. Die Harzer Schmalspurbahnen betreiben mit Dampflokomotiven ganzjährig das längste zusammenhängende Schmalspurstreckennetz Deutschlands mit einer Länge von 140 km. Unser Weg geht zunächst durch die Randbezirke Wernigerodes weiter durch die dünner besiedelte Region bergauf. Der "Blick von hinten", vom Bahngleis her, zu den Gebäuden, zeigt meist liebevoll angelegte und gepflegte Gärten. Über den Bahnkreuzungspunkt Drei Annen Hohne (540 m - die nahe liegenden Weiler Sorge und Elend lassen die einst sehr harten Lebensumstände hier ahnen), Schierke (685 m - durch den wärmenden Schierker Feuerstein weit über die Region bekannt), kämpft sich die Lok auf teils spiralförmiger Trasse zum 1142 Meter hohen Brocken hinauf. Erschreckend: Obwohl die Baumgrenze hier bei etwa 1100 m liegt, sieht man entlang der Strecke bereits weit unterhalb verdorrte, teils durch Waldbrände und Sturm verwüstete Wälder. Lediglich niedriger grüner Bewuchs weckt die Hoffnung auf bessere Zeiten. Als einzige Lichtblicke zeigen sich hier und da das Grün von Birken und Vogelbeerbäumen mit ihren roten Früchten.
Oben angekommen und abgesessen, fällt, obwohl im Harz befindlich, spontan das "Westerwald-Lied" ein (... m.W. von UvdL im Rahmen des "Großen Stubendurchgangs" auch aus dem Bw-Liederbuch gelöscht..). Wir hatten das Glück, trotz sich verschlechternder Wetterlage, noch eine Weile den grandiosen Blick von hier oben über das Land rundum zu erhaschen. Immerhin kann man bei bester Sicht einen Rundblick über ein Gebiet so groß wie die Schweiz genießen - selbst bis Hamburg! Auch der Nicht-Führungsdienstler vermag zu begreifen, warum der nach der Befreiung 1989 "Berg der Deutschen" genannte Brocken bis dahin ein Antennen-bespicktes, von Besatzern wie von MFS und NVA benutztes Sperrgebiet war. Ein Radom auf dem Brockenhaus und auch diesbezügliche Ausstellungen im Brockenhaus zeugen noch davon.
Zunehmender Wind, ungemütliches Wetter, aber auch Hunger und Durst ließen unsere inzwischen zu Kleingruppen geschrumpfte Truppe nach und nach in geschützte Bereiche einsickern und bald die nächste Bahn nach unten suchen. Beim Schlummer im warmen Bahnwaggon dräut manchem der Fußmarsch Goethes vom Dezember 1777, bei Dunkelheit aufgebrochen wie zurückgekehrt, von Wind und Wetter umtost, den Gewalten ausgeliefert. Wen wundert`s, wenn er diese Eindrücke viel später im "Faust" mit dem Hexenzauber der Walpurgisnacht verarbeitet hat. Und manche kleine Brockenhexe hat Gerüchten zufolge auch im Reisegepäck unserer Gruppe den Weg bis in unser Zuhause gefunden.
Leider kamen die sonst am Ende einer Tour üblichen Verabschiedungen diesmal wegen unterschiedlicher Rückfahrzeiten und Ausstiegsbahnhöfen im Wernigerode zu kurz.
Schlussbetrachtung, Fazit, Ausblick ...
Wieder einmal durften wir dank der Phantasie und der Mühen unserer Organisatoren sowie der Unterstützung durch unsere aktiven Kameraden ein gelungenes Jahrestreffen erleben. Wir wollen allen Akteuren dafür dankbar sein und sollten, wo immer der Einzelne von uns (hoffentlich) noch über entsprechende Kontakte verfügt, gerade unseren in Verantwortung Stehenden die Anerkennung und Kameradschaft unserer Gemeinschaft wissen lassen! Wir sollten sie, die angehenden Ehemaligen, auch über uns mehr informieren - sie sind unsere potentiellen "Nachrücker".
Abschließend zitiere ich noch einmal unseren Ehrensprecher vom Ende des festlichen Abends mit Damen: "... wir haben in Vorträgen viel gehört, aber wenig gelernt. Das liegt nicht an den Vortragenden - wir werden älter. Wir freuen uns, wenn uns die Jungen ernst nehmen, wir haben Verständnis für ihre Sorge. Wir sind beeindruckt von der Ehrlichkeit der Vortragenden, ihren Kommentierungen und Einschätzungen. Hoffentlich können wir uns noch lange treffen, wir sollten unsere Treffen noch lange fortführen."
Auf ein hoffentlich zahlreiches und möglichst gesundes Wiedersehen am Starnberger See!