Treffen 2015
Endlich wieder Geschwaderluft schnuppern!
von OberstLt a.D. Wolfram Gebhardt
Die Gemeinschaft ehemaliger Offiziere der Luftnachrichtentruppe und der Führungsdienste der Luftwaffe traf sich am 09. und 10.September 2015
beim Lufttransportgeschwader 62 (LTG 62) in Wunstorf.
Für uns Ehemalige ist es immer ein besonderes Erlebnis, wieder einmal Geschwaderluft schnuppern zu dürfen. Dieses Mal war es beim LTG 62, das gerade auf das neue Transportflugzeug A400M umrüstet.
Schon die Anreise gestaltete sich durch günstige Lage und schönstes Wetter angenehm. Und wir wurden beim Geschwader wie VIPs aufgenommen und versorgt.
Diese Treffen sind immer attraktiv. Das zeigt sich auch an der auf gleichbleibend hohem Niveau bleibenden Teilnehmerzahl. Viele waren schon früher angereist, um mit alten Freunden und Bekannten schon am Vorabend zusammentreffen zu können.
Zu Beginn gab es ein leckeres Mittagessen, Erbsensuppe mit Fleischeinlage. Wer hätte früher je gedacht, dass Eintopf (EPA) ein solches Gourmet-Essen sein kann? Es blieb wirklich restlos nichts mehr übrig. Dem Koch ein großes Kompliment.
Für die Herren begann nach dem Mittagessen dann die „Weiterbildung“. Unser Sprecher, GenLt a.D. Ploeger, begrüßte die Teilnehmer und gedachte der Kameraden, die uns seit dem letzten Treffen verlassen haben. Es folgten einige Programmhinweise zum Tagungsverlauf.
Danach stellte GenLt a.D. Ploeger Herrn GenMaj Schütz vor, den angehenden Kommandierenden General des Luftwaffentruppenkommando, der eine aktuelle Tour d´Horizon über das neu aufgestellte Kommando vortrug.
Seit dem Ende des "Kalten Krieges" durchleben die Streitkräfte und mit ihnen die Luftwaffe einen Paradigmenwechsel, welcher der bisherigen Landes- und Bündnisverteidigung neue Aufgaben der weltweiten Friedenssicherung hinzugefügt hat. Gleichzeitig wurden die Personalumfänge und die finanziellen Mittel gekürzt. Die Folge ist eine geänderte Ausstattung und eine eine schlankere Struktur. Auch die Führungsorganisation Lufwaffe wurde mehrfach weiter entwickelt. Aktuell besteht sie aus zwei Ebenen zwischen der Geschwader-Ebene und dem Ministerium. Das Luftwaffentruppenkommando stellt die Kräfte für den Einsatz durch das Zentrum Luftoperationen bereit und bildet sie entsprechend aus. Das Kommando Luftwaffe als oberste Führungsebene der Luftwaffe konzentriert sich auf Grundsatz, Planung und Lenkung der Teilstreitkraft.
Die Neuausrichtung der Luftwaffe folgte dem sicherheitspolitischen Diktum, stets der Politik einen breiten Strauß militärischer Handlungsmöglichkeiten anbieten zu können. Das bedeutet, die begrenzten Ressourcen sachgerecht zu bündeln und zu priorisieren und Strukturen konsequent auf Prozessorientierung einzustellen. Die Luftwaffe 2020 wird bereits heute an ihren Kernaufgaben ausgerichtet. Dabei bleibt das breite Fähigkeitsspektrum für Landes-/ Bündnisverteidigung und EU Beistand erhalten, muss aber für internationale Krisenbewältigung und Konfliktverhütung je nach Einsatzgebiet ausgebaut werden. Auf diese Kernaufgaben eingehend stellte GenMaj Schütz schlaglichtartig die Maßnahmen dar, die zur Beseitigung der Defizite in den wesentlichen Fähigkeitsbereichen zu ergreifen sind. Querschnittlich geht es um technisches Personal in erforderlicher Quantität und Qualität, Ersatzteilverfügbarkeit und Waffen. Hinzu kommen der Übergang von Transall C 160 auf A400M und die Mehr-Rollen-Fähigkeit des Eurofighters. Die Aufklärungsfähigkeit mit Drohnen wurde ebenso angesprochen wie die bodengebundene Luftverteidigung und die Flugbereitschaft.
Zusammenfassend vollzieht sich der Paradigmenwechsel bis 2020 in drei Aufgabenbereichen mit etwa gleicher Relevanz, also unterstützende Luftoperationen, hochintensive Luftkriegsoperationen sowie Überwachung & Aufklärung, wobei die bisherige Dominanz der unterstützenden Luftoperationen abnimmt.
Die folgende erholsame Kaffeepause wurde zu Diskussionen genutzt. Allerdings wurde sie etwas gekürzt, um der späteren Besichtigung der A400M mehr Zeit einzuräumen.
Der Vortrag des Kommandeurs Fliegende Gruppe, OberstLt Rau, über die aktuelle Entwicklung A400M im Lufttransportgeschwader 62 zeigte in geradezu mustergültiger Weise auf, wie nun am Beispiel "Lufttransport als unterstützende Luftoperation" der Paradigmenwechsel in der Praxis stattfindet.
Der erweiterte Auftrag der Luftwaffe zum Strategischen und Taktischen Lufttransport, zur Luftbetankung, zur Unterstützung von Spezialkräften und zur Medizinischen Evakuierung, kann mit der bewährten Transall nicht befriedigend bzw. gar nicht durchgeführt werden, sondern erfordert ein völlig neues fliegendes System, welches mit der A400M nun realisiert wird.
Hierbei kommt dem LTG 62 die Pilotrolle zu, die Einführung und den Betrieb der A400M zu organisieren. In einem ersten Schritt wurden zunächst die Fähigkeiten im Einsatz praktisch erflogen und geprüft. Dabei zeigte sich, dass die Anfangsbefähigung zum Logistischen Lufttransport ohne nennenswerte Einschränkung gegeben ist. Die Anfangsbefähigung für die anderen Aufgaben liegt teilweise vor, und eine Prognose für die vollständige Befähigung bis zum Jahr 2018 kann gewagt werden.
Die Schwerpunktaufgaben des LTG 62 sind erstens die Erarbeitung und Durchführung der Ausbildung, zweitens der Aufbau der Muster-Infrastruktur am Flugplatz und drittens die Fortentwicklung der systemspezifischen IT. Daneben läuft aber der Einsatzflugbetrieb weiter, wobei bis zum Jahre 2019 die Umrüstung von Transall auf A400M progressiv verfolgt wird. Eine wahre Herkulesaufgabe!
Die Ausbildung des Fliegenden Personals erfolgt in drei Qualifikationsstufen zu über 90% im Simulator und schließt mit dem Erwerb der Musterberechtigung ab. Die Ausbildung des Technischen Personals erfolgt auf der Grundlage der zivilen Regularien für die Luftfahrt (EASA), die durch Militärische Regularien und spezielle deutsche Regularien ergänzt werden.
Infrastrukturell ist das LTG 62 z.Zt. die größte Baustelle der Bundeswehr mit einem finanziellen Umfang in der Größenordnung von 500 Mio. €. Es müssen fast alle Komponenten von der Startbahn über Vorfeld, Hallen, Werft, OPS-Gebäude, Ausbildungszentrum, Feuerwehr bis hin zur Wache neu- bzw. umgestaltet werden.
Zur IT ist festzustellen, dass die A400M, ähnlich wie der Eurofighter, ein Verbund aus vernetzten Rechnern ist, der in die Hülle eines Flugzeuges eingebaut ist. Erst durch die SW erfährt dieser Verbund, welche aerodynamischen Eigenschaften er hat, welche Profile er fliegen darf, welche Militarisierung vorliegt usw. schließlich welcher aktuelle Einsatz geflogen werden soll. Damit wird Neuland betreten. Noch hat die "A400M spezifische IT" einige fehlende Funktionalitäten, einen noch geringen Automatisierungsgrad, ist fehlerträchtig und personalintensiv.
Aus der Lebenserfahrung eines Führungsdienstlers kann gefolgert werden, dass die IT der A400M ein wachsendes und umfassendes Aufgabengebiet in Permanenz bleiben wird, das nicht mehr dem Geschwader allein aufgebürdet werden kann.
Höhepunkt der Tagung war dann die Besichtigung einer A400M von innen und außen. Da stand sie nun in der neuen Halle auf spiegelblankem und staubfreiem Boden in aller Größe und Pracht. Und die in drei Gruppen eingeteilten Tagungsteilnehmer standen drum herum mit Gesichtern wie Kinder unterm Weihnachtsbaum. Aber auch die eingeteilten Soldaten strahlten voller Stolz und beantworteten jede Frage kompetent und überzeugend. Von den Tagungsteilnehmern hatten sich zwei Damen vom Damenprogramm abgemeldet und wollten auch den Flieger sehen. Hinterher erzählten sie begeistert, wie die Gentlemen in Fliegerkombi bei der Sonderführung auf anschauliche und verständliche Weise das Flugzeug erklärt und ihre Fragen beantwortet hätten. Die Damen waren beeindruckt. Dafür einen besonderen Dank.
Alle anderen Damen begannen den Nachmittag mit einer interessanten Ortsführung in Steinhude, einst ein Mittelpunkt der Leinenweberei; heute ist nur noch eine recht gut gehende Fabrik übrig. Weitere wirtschaftliche Standbeine sind heute der Tourismus und nach wie vor der Fischfang; einige Fischräuchereien "dufteten" durch das Zentrum des Städtchens am Steinhuder Meer.
Eine gemütliche Kaffeetafel in den "Seeterrassen" direkt am Wasser rundete das Damenprogramm ab.
Beim gemütlichen Abendessen mit kaltem und warmem Büffet wurden die wegen des Mittagessens bereits hohen Erwartungen an die Küche noch übertroffen. Es fehlte nichts. Und nicht nur ehemalige Kasinooffiziere staunten darüber, wie das Geschwader das alles so gut organisieren konnte.
GenLt a.D. Ploeger sprach uns dann aus dem Herzen, als er im Namen aller einen herzlichen Dank und seine Anerkennung für die vorzügliche Betreuung durch OberstLt Hörl und seiner Crew aussprach.
In dieser Atmosphäre gedieh die Erneuerung und Vertiefung uralter Kameradschaften zwischen den besonderen Typen und Charakteren, zu denen wir im Dienst geworden sind, das Urgestein der Führungsdienste der Luftwaffe.
Unsere Wiedersehensfreude war in Erfüllung gegangen.
Viele blieben noch einen Tag, manche länger. Es war angeboten worden, bei einer Bootstour über das Steinhuder Meer die Festungsinsel Wilhelmstein zu besuchen. Davon wurde reger Gebrauch gemacht, nicht nur weil es ein schöner Ausflug bei herrlichem Wetter war, sondern weil wir Kameraden und Freunde noch ein wenig länger zusammen sein konnten.
Fliegerhorst Wunstorf und Steinhude
Am Vorabend des Treffens
Eintreffen der Teilnehmer
GenMaj Schütz bei der Tour d' Horizon
Vorstellung des Verbandes duch OTL Rau
endlich, der A400M in ganzer Schönheit . . .
Damenprogramm
Abendveranstaltung
Schifffahrt auf dem Steinhuder Meer
Die Teilnehmer des Treffens von unserem Fotografen Wolfgang Nagel aufgenommen!
Wenn Sie als Teilnehmer an diesem Treffen dieses Gruppenfoto oder das Gruppenfoto vor dem A400M als Originaldatei haben möchten, machen Sie einen entsprechenden Eintrag in unser Gästebuch!