Treffen 2014
Das Treffen 2014 in Erfurt
oder
Wir können es auch alleine!
von OberstLt a.D. Hans-Josef Salm
Das diesjährige Treffen war in zweifacher Hinsicht anders als die in den vorhergehenden Jahren: Wir trafen uns erstmals nicht bei einem gastgebenden Verband und die Zusammensetzung des Vorbereitungsteams hatte sich geändert. Beides hatte keinen negativen Einfluss auf den Verlauf. Der persönliche Einsatz des Vorbereitungsteams (einschließlich Ehefrauen) und die Unterstützung durch die Stadt Erfurt und das Hotel Radisson Blu, in dem viele Teilnehmer auch wohnten, sorgten für einen reibungslosen Verlauf.
Viele reisten bereits am Vortag an und so war Erfurt bereits am Sonntag voller bekannter Gesichter. Wie es sich als Gewohnheit herausgebildet hat, traf man sich bereits am Abend in größeren und kleineren Gruppen. Die wohl Größte traf sich im Goldenen Schwan und man konnte die Wiedersehensfreude am Lärmpegel gut erkennen.
Für das Treffen am 15. September 2014 hatten sich 144 Teilnehmer angemeldet, die mit geringen Ausnahmen auch kamen. Da es keine entspre- chenden Einrichtungen in einer Liegenschaft der Bundeswehr gab, waren Räume im (ehemaligen) Augustinerkloster im Stadtzentrum von Erfurt angemietet. Sie waren von den Hotels in der Stadtmitte bequem zu Fuß zu erreichen, wir brauchten dieses Mal keinen Bus.
Das vorbereitete Programm begann kurz vor Mittag mit dem Eintreffen der Teilnehmer im Luthersaal und wie gewohnt mit vielen erfreuten „Ihr seid auch wieder da!“.
GenLt a.D. Ploeger begrüßte dort die Versammlung als neuer Sprecher der Gemeinschaft und erläuterte den geplanten Ablauf. Die vorgesehene Begrüßung durch den Oberbürgermeister der Stadt fiel aus. Er hatte (mit Bedauern) kurzfristig abgesagt. Er war wohl weniger durch Familienangelegenheiten als durch die Ergebnisse der Landtagswahl am Vortag verhindert.
Als Imbiss war eine Stärkung mit belegten Brötchen und (ortsangemessener und wohlschmeckender) Soljanka vorbereitet. Der Innenhof des Klosters bot die Gelegenheit, frische Luft und reduzierten Lärmpegel zu genießen. Dann begannen für die Damen die Stadtführung durch Erfurt und für uns das Informationsprogramm in einem weiteren Saal des Klosters.
Zu Beginn stellte GenLt a.D. Ploeger das Informationsprogramm und die Vortragenden kurz vor. Er kündigte an, dass turnusgemäß das nächste Treffen im norddeutschen Bereich geplant wird.
Auch in diesem Jahr musste leider wieder vieler Verstorbener gedacht werden. Die Generation der „Gründungsväter“ (Das sind die, die schon immer dabei waren) dünnt sich immer stärker aus.
Den ersten Vortrag hielt BG Poschwatta, Abteilungsleiter 2 (Einsatz) im KdoLw. (Für Pensio- näre, die an wesentlich längere Halbwertszeiten organisatorischer Strukturen und zugehöriger Bezeichnungen gewöhnt waren: Das entspricht in vieler Hinsicht dem StAL FüL III von damals; BG Poschwatta ist übrigens der Neffe unseres ehemaligen Sprechers!)
Schon sein Thema „Aktuelle strategische Aspekte und Perspektiven der Luftwaffe im Einsatz“ zeigte auf sehr viel weiter reichende Veränderungen im Aufgabenspektrum unserer Nachfolger als das Lernen von neuen Organigram- men.
Aufgaben und die zu ihrer Erfüllung erforderlichen Fähigkeiten der Luftwaffe haben sich geändert und werden sich vor allem zum Ausbau der Fähigkeit zur schnellen „projection of power“ weiter entwickeln müssen. (Ich habe allerdings nicht den Eindruck, dass die dazu erforderlichen Mittel zur Verfügung stehen werden. Stichwort: Management by terror: Set goals, deny means.)
Was „im Einsatz“ bedeutet erläuterte er uns sehr plastisch an Beispielen aus seiner Zeit als Base Commander in Masar-e-Sharif. Er orientierte sich dabei an den Fakten und unterschied sich damit wohltuend von vielen Berichten, die in der Presse verbreitet werden. Zum Beispiel zeigten Einsatzszenarien von ferngesteuerten Flugzeugen (vulgo Drohnen), welch wichtige Rolle diese Geräte spielen und welche Nachteile es hat, dass sie gegen aufgeklärte Ziele nicht auch wirken können. Die öffentliche Debatte über „bewaffnete Drohnen“ scheint mir vor diesem Hintergrund emotional geprägt, von Fakten weitgehend unbeeindruckt und damit nicht hilfreich zu sein.
Nach kurzer Gelegenheit zu ergänzenden Fragen trug OTL i.G. Knappe, Referatsleiter Internationale Zusammenarbeit im KdoLw zu aktuellen Planungen der Luftwaffe vor. (Für die in alten Strukturen Verhafteten: Den Gegenstand des Vortrages hätte ich FüL VI 1 zugeordnet.)
Auch hier zeigte sich, wie stark sich Aufgaben, Strukturen und Prozesse in den Streitkräften in den letzten Jahren verändert haben. Die internationale Zusammenarbeit zur Aufgaben- und Kostenteilung ist intensiver geworden und wird sicher weiter zunehmen.
Im nationalen Bereich ergeben sich aus den Aufgaben Forderungen nach Waffensystemen mit neuen Fähigkeiten und dem Erhalt und der Ertüchtigung bestehender Systeme. Die Übersicht über die Planungen war beeindruckend und ich beneide die Verantwortlichen nicht um die Aufgabe, diese unter den bestehenden Rahmenbedingungen umzusetzen. Bei den vorgestellten Änderungen in den Prozessen des Rüstungsmanagements erlaube ich mir als altgedientem „Rüster“ zwei wertende Bemerkungen: Zu einem wurde ich an eine Bibelstelle (Prediger 1:9) erinnert, zum anderen scheint sich die Erkenntnis, dass die kostenträchtigsten Risiken von Rüstungsprojekten nicht in den Makrovorgaben der Planungsphase sondern bei der vertragsfesten Erfassung und Realisierung der detaillierten Nutzerforderungen liegen. Das ist keine Kritik am Vortragenden, im Gegenteil er gab uns den erwarteten Überblick über die Planungen und auch über die Schwierigkeiten sie umzusetzen.
Die anschließende Pause mit Kaffee und Kuchen im ehemaligen Kreuzgang des Klosters gab Gelegenheit, über das Gehörte (und Anderes, das die Teilnehmer auch bewegte) miteinander zu sprechen.
Der anschließende dritte Vortrag von OTL Paul, Ltr S3 im Landeskommando Thüringen, führte uns ein wenig weg vom (nicht mehr ganz so vertrauten) Innenleben der Luftwaffe zu den Aufgaben dieses Kommandos mit einem Bericht über den Einsatz beim Hochwasser 2013.
Über den omnipräsenten Berichten über Auslandseinsätze und internationale Zusammenarbeit gerät leicht in Vergessenheit, wie viele wichtige Aufgaben durch die territoriale Basis zu erfüllen sind. Nur bei spektakulären Ereignissen wie Hochwasserkatastrophen erhalten diese Bereiche die verdiente Aufmerksamkeit.
Mit einigen allgemeinen Informationen durch GenLt a.D. Ploeger und OTL a.D. Marks endete dieser Teil der Veranstaltung und es blieb noch Zeit auf dem Rückweg zu den Hotels einige Sehenswürdigkeiten von Erfurt zu betrachten.
Die Stadtführung der Damen übernahmen zwei Herren, die bei der Vorstellung die Spitznamen „Tim“ (hieß wirklich so) und „Struppi“ (sah ein bisschen so aus) erhielten. Die Teilnehmerinnen beider Gruppen waren mit den Führungen sehr zufrieden und berichteten übereinstimmend, dass sie Vieles in der Stadt gesehen hatten, das sie ohne die kundige Führung nicht gefunden hätten. Neben der Rolle von Erfurt als Handelsstadt und in der Reformation kamen auch Einzelheiten der nicht immer geruchsfreien Herstellung des Erfurter Blau aus Färberwaid zur Sprache. Insbesondere „Struppi“ erwies sich als echte Erfurter Puffbohne mit vielen in Anekdoten gekleideten Sprüchen.
Mit Kaffee und dem typischen thüringischem Kuchen- teller (drei verschiedene halbe Blechkuchenstücke) im "Goldenen Schwan" wurde dieser Teil des Pro- gramms abgeschlossen.
Anders als bei den bisherigen Treffen war die Abendveranstaltung mit Damen nicht bei einem Verband im Kasino sondern im Restaurant des Hotels Radisson Blu vorbereitet. Für viele Teilnehmer war der Weg dorthin sehr kurz, denn sie wohnten im Hotel.
Wie man es von einem Haus dieses Standards erwarten kann, waren Personal, Raum, Tische und Buffet perfekt vorbereitet.
Die Fernsehteams im Vorraum waren jedoch nicht unseretwegen erschienen, sondern berichteten über eine Versammlung im Nachbarsaal, in der der Oberbürgermeister von Erfurt begann, sich nach der verlorenen Wahl als zukünftiger Landesvorsitzender seiner Partei zu positionieren.
Am Morgen des Folgetages erhielten wir eine durch das Landeskommando Thüringen vermittelte Sonderführung durch das (neu-)gotische Rathaus der Stadt Erfurt am Fischmarkt. Die zahlreichen Wandgemälde mit Legenden und Szenen aus dem Leben Luthers und Bildern aus der Erfurter Geschichte wurden uns dabei sachkundig erläutert. Das Pathos des Historismus aus dem Ende des neunzehnten Jahrhunderts wäre sonst Vielen nicht nur schwer verdaulich, sondern auch unverständlich geblieben.
Die Führung musste relativ früh beginnen, da pünktlich um 11 Uhr eine Fahrt durch Erfurt mit einer historischen Straßenbahn starten sollte. Mit 97 Teilnehmern waren beide Wagen bis auf den letzten Platz gefüllt. Einige, die gerne mitgefahren wären, mussten verzichten, da die Kapazitätsgrenzen streng eingehalten wurden.
In jedem Wagen war ein Stadtführer, der während der etwa zweistündigen Fahrt Erläuterungen zu den Stadtvierteln gab. In unserem Wagen war es der den Damen bereits als „Struppi“ bekannte. Seine Informationen zur älteren und neueren Geschichte der Gebäude und der Teile der Stadt, durch die wir fuhren, reicherte er mit vielen Anekdoten an. Die kreisten vorwiegend um das Handelsgut, das Erfurt einmal reich gemacht hatte: die Färberwaid. Er schilderte mit offensichtlichem Vergnügen die anrüchigen Prozesse, mit denen aus Bier unter Einsatz überwiegend männlicher Körper eine für den Gärungsprozess dieses Färbemittels erforderliche Flüssigkeit gewonnen wurde. Die Fahrt hat in amüsanter Weise unser Wissen über die Stadt und Chemie im späten Mittelalter erweitert.
Am Nachmittag begannen die Heimreisen. Einige fuhren sofort los, ein durchaus ansehnlicher Teil blieb noch eine weitere Nacht und traf sich am Nachmittag eher zufällig bei Besichtigungsspazier- gängen und am Abend beim Essen.
Unser Chronist in voller Aktion ...
.. und dies berichtete die örtliche Presse
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